Debütant überzeugt auf Anhieb im Vierer
Felix Groß vom RSV Venusberg erlebt internationale Feuertaufe bei den Männern – Marcus Burghardt als großes Vorbild
Berlin Während der Einzelverfolgung saß er unter den Zuschauern und fieberte mit seinem Gefährten aus dem Vierer mit. Und selbstverständlich gehörte Felix Groß zu den ersten Gratulanten von Domenic Weinstein, der Bronze gewann. Im Teamwettbewerb zuvor hatte er in beiden Läufen eine überragende Leistung gezeigt. Das Quartett verfehlte Bronze nur um neun Hundertstelsekunden.
„Klar, im ersten Moment waren wir schon ein bisschen traurig. Aber wir haben die zweitbeste Zeit, die je ein deutscher Vierer gefahren ist, erreicht, den Rekord nur knapp verfehlte“, meinte der 19-Jährige, der für den RSV Venusberg in die Pedale tritt. Einen Grund, irgendwie enttäuscht zu sein, gab es für den Youngster in der Truppe sowieso nicht. Denn, dass er bereits bei dieser EM sein internationales Debüt bei den Männern geben würde, daran hatte der Leipziger zu Beginn des Jahres wohl noch nicht einmal gedacht. „Es kam auch für mich alles überraschend. Aber es ist ein tolles Gefühl, dabeizusein. Ich als so junger Bengel – einfach der Wahnsinn“, geriet Felix Groß während des „Freie-Presse“-Gesprächs ins Schwärmen. Bei seiner Feuertaufe versuchte er, alles um ihn herum aufzusaugen, beobachtete die Asse, wollte so viel wie möglich Erfahrungen mitnehmen.
Für den Sachsen überschlugen sich in den vergangenen Monaten die Ereignisse. Im Nachwuchsbereich hatte er bereits zahlreich Meriten gesammelt, war unter anderem in der Jugend (Bahn, Omnium) sowie bei den Junioren (Einzelverfolgung, Straßeneinzel) Deutscher Meister, kam bei der JEM 2016 unter die besten zehn. Zu Beginn seiner ersten Saison bei den Männern musste er erst einmal kürzer treten, da ihm im Januar die Platten nach einer Schulteroperation (Schlüsselbeinbruch) 2015 entfernt wurden.
„Ich war eigentlich erst im Mai richtig fit“, erzählte Felix Groß, der dann aber rasant durchstartete. Bei der DM Anfang Juni in Frankfurt (Oder) fuhr er in der Einerverfolgung der U-23-Klasse an die Spitze. Bundestrainer Sven Meyer holte ihn daraufhin in seinen EM-Kader. Als er dann beim Kadernominierungstest über 500 Meter mit der Bestzeit glänzte, erhielt er sofort seine Chance im ersten Vierer. Und diese nutzte der Sportsoldat bei den folgenden Lehrgängen mit Vehemenz. „Felix hat sich in dieser kurzen Zeit extrem gut reingefahren, einen deutlichen Sprung nach vorn gemacht. Und in der Qualifikation brachte unser Schnellster eine starke Leistung, sodass es keinen Grund für einen Wechsel gab“, fand der Coach nur lobende Worte für seinen „Neuling“, dem er noch eine Menge zutraut: „Felix besitzt viel Potenzial, er spielt in meinen Planungen bis Olympia 2020 eine große Rolle.“
Entsprechend dieser grandiosen, nunmehr sogar olympischen Visionen legt Felix Groß bis dahin seinen gesamten Fokus auf die Bahn. Aber auch auf der Straße möchte er sich danach unbedingt einen Traum erfüllen und bei der Tour de France starten. Er orientiert sich dabei stark an Marcus Burghardt (u. a. aktueller Straßenmeister, neunfacher TourTeilnehmer), seinem großen Vorbild. Dessen Nachwuchsteam animierte ihm einst, mit 13 Lenzen in den gleichen Verein zu wechseln. „Mich faszinierte, wie die Jungs mit den tollen Rädern, Helmen und Klamotten die Rennen gefahren sind. Das fand ich cool, sah auch eine bessere Perspektive“, begründete der ehrgeizige Renner, der sich auch wegen der tollen Atmosphäre im Verein wohl fühlt. Obwohl er bei den Männern jetzt für das rad-net-Rose-Team fährt, bleibt er den Erzgebirgern treu. Das freut natürlich RSV-Chef Klaus Fischer der mit acht Mitstreitern einen Tag die EM auf der Tribüne erlebte, besonders. (mm)